12.12.2023
U19

Mit Marokko Historisches erreicht

Mit der marokkanischen Nationalmannschaft zogen Anas Alaoui und Ayoub Chaikhoun bei der U17-WM bis ins Viertelfinale ein. Im Interview berichten sie von der prägenden Zeit in Indonesien.

Erstmals überhaupt zog im November ein morokkanisches Team ins Viertelfinale einer U17-WM ein. Mit dabei: Anas Alaoui und Ayoub Chaikhoun, die so mit ihrer Nationalmannschaft Historisches erreichten. Im Interview berichten die U19-Akteure von der Erfahrung, gegen das Gastgeberland zu spielen, dem knappen Ausscheiden gegen Mali und blicken auf ihre schönsten Momente in Indonesien zurück.

Wann habt ihr von eurer Nominierung erfahren und habt ihr vorher damit gerechnet, dass ihr mit zur WM fahren dürft?

Anas: Wir haben schon einige Zeit vor der WM miteinander darüber geredet, ob wir Chancen haben, dabei zu sein. Ich weiß gar nicht genau, wann wir von der Nominierung erfahren haben – ein paar Wochen vor dem Turnier auf jeden Fall. Natürlich war die Vorfreude richtig groß, gerade, weil wir uns das auch wirklich erhofft hatten. Man weiß ja nie genau, was sich der Trainer vorstellt, aber Gott sei Dank hat es dann geklappt. Er hat uns eingeladen und uns auch gute Worte mitgegeben, damit wir mit Selbstvertrauen bei der Weltmeisterschaft antreten können.

Ayoub: Bezüglich der Einladung war es bei mir eine lustige Geschichte: Und zwar haben meine Eltern die Nachricht nachts gegen zwei bis drei Uhr morgens bekommen. Meine Mutter hat mich daraufhin geweckt und mir die Einladung gezeigt. Danach konnte ich natürlich auch nicht mehr schlafen, weil ich mich so sehr gefreut habe und meine Eltern natürlich genauso.

Wie waren eure Eindrücke, als ihr dann nach Indonesien gereist seid? Wie habt ihr so das Land wahrgenommen und hattet ihr auch Möglichkeiten, etwas vor Ort zu sehen?

Anas: Also die Hinreise war wirklich gut und hat auch wirklich nicht so lange gedauert wie gedacht. Aber als wir dann in Indonesien angekommen sind, war die Luftfeuchtigkeit wirklich so hoch, dass wir gefühlt kaum atmen konnten. Aber wir hatten zum Glück etwa eine Woche Zeit, in der wir uns auf das Turnier vorbereiten und an die Bedingungen anpassen konnten.

Ayoub: Ja, also ich kann auch hinzufügen, dass es sehr fordernd und anstrengend war, aber gleichzeitig eine sehr prägende Erfahrung: Auch, dass die Menschen dort sehr anders leben, größtenteils in ärmeren Verhältnissen als in Deutschland, und trotzdem sehr dankbar und nett sind. Wir wurden vor Ort sehr freundlich und gut empfangen.

Es ist wahrscheinlich ein bisschen schwer zusammenzufassen, aber wie würdet ihr die Erfahrung bei der WM im Allgemeinen beschreiben.

Anas: Ehrlich gesagt hat man am Anfang gar nicht wirklich realisiert, wo man gerade eigentlich ist. Als das Eröffnungsspiel dann immer näherkam, war die Vorfreude schon zu spüren. Das Kribbeln im Bauch kennt man schon von den normalen Junioren-Bundesligaspielen, aber vor den WM-Spielen war das dann nochmal ein anderes Gefühl. Es war einfach pure Vorfreude. Es war auf jeden Fall ein richtig krasses Gefühl, dort im Stadion auf dem Platz zu stehen und sein Ding zu machen. Nachdem wir das erste Spiel gewonnen hatten, wollten wir immer mehr, und es hat einfach nur Spaß gemacht. Das kommt ja auch nicht so oft, dass man mit 17 schon eine WM spielen darf. Der Gedanke, dass du dich mit dem besten deines Jahrgangs messen kannst – nicht nur hier in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt – ist auf jeden Fall Gold wert.

Ich glaube, dass wir beide die Momente, in denen wir bei der WM auf dem Platz standen, nie wieder vergessen werden.

Ayoub Chaikhoun

Ayoub: Auch für mich war es natürlich ein unvergesslicher Moment in meiner jungen Karriere, den ich nicht vergessen werde. Und natürlich war das ein prägendes Ereignis, durch das man Erfahrungen mitnimmt, die man in der Zukunft natürlich auch einbringen will. Ich glaube, dass wir beide die Momente, in denen wir bei der WM auf dem Platz standen, nie wieder vergessen werden.

Im Spiel gegen Indonesien habt ihr dann auch ein Tor und eine Vorlage beigesteuert. Du, Ayoub, bist sogar Man of the Match geworden. Was war das für ein Gefühl?

Anas: Indonesien war eines der absoluten Highlights für uns, auch weil wir da gegen das Gastgeberland gespielt haben. Entsprechend viele Leute waren vor Ort im Stadion, das müssten knapp 40.000 gewesen sein. Ich erinnere mich auch noch ganz genau, wie ich zu Ayoub hinübergeschaut habe und wir beide einfach lachen mussten, weil wir das einfach so geil fanden und richtig motiviert waren, ins Spiel zu starten – gerade, weil wir auch wussten: Das kann entweder unser letztes Spiel sein oder wir kommen weiter. Und es ist richtig sauber verlaufen: Ayoub hat ein gutes Spiel gemacht, ich genauso, die ganze Mannschaft. Zwar war es bei unseren Toren war es nicht so laut, aber umso lauter natürlich bei dem von Indonesien. Das war eine unglaubliche Atmosphäre, ich glaube, das war auch nochmal ein Highlight, das ich niemals vergessen werde.

Ayoub: Ja, dem kann ich mich nur anschließen. Das Spiel gegen Indonesien war ein Entscheidungsspiel, wer weiterkommen würde. Anas und ich kannten ja Indonesien schon, weil wir mit Frankfurt im Vorfeld schon gegen sie gespielt hatten. Dementsprechend wussten wir auch schon, wie das Team drauf ist, dass sie keine schlechte Mannschaft sind und natürlich mit den Fans noch einen zusätzlichen Vorteil haben würden. Aber im Endeffekt haben wir es beide sehr gut gemacht gegen Indonesien: Anas konnte sich belohnen, ich konnte mich belohnen. Und somit haben wir uns für die nächste Runde qualifiziert.

Im Achtelfinale konntet ihr dann ebenfalls gewinnen. Es war das erste Mal überhaupt, dass eine U17 von Marokko ins Viertelfinale einer WM eingezogen ist. Was bedeutet es euch, dass Teil dieses historischen Ereignisses zu sein?

Anas: Uns war schon bewusst, dass wir mit dem Spiel Geschichte schreiben können. Uns hat das natürlich sehr gepusht und auch wirklich stolz gemacht, überhaupt in so einer Position zu stehen. Dieses Gefühl, bevor das Spiel losgeht, ist schon purer Wahnsinn, weil du sehr, sehr viele Situationen im Kopf hast und dir viele Gedanken machst. Aber dann, wenn alles angerichtet ist, wenn du auf dem Platz stehst, bist du einfach nur noch da und machst dein Ding. Wir haben dann zwar erst im Elfmeterschießen gewonnen, aber auch vom Spiel her würde ich sagen, dass der Ausgang auf jeden Fall verdient war. Die Emotionen waren unglaublich.

Die Erinnerung, die davon bleibt, ist unbezahlbar.

Anas Alaoui

Obwohl Ayoub und ich zu dem Zeitpunkt dann wieder auf der Bank saßen, haben wir als Team extrem mitgefiebert und gehofft, dass wir den Rückstand irgendwie noch drehen können. In dem Moment, als dann das Tor fiel, sind viele Fans im positiven Sinne ausgerastet und haben uns nochmal zusätzlich gepusht. Es war ein unglaubliches Gefühl, auch ein richtig großes Erlebnis. Die Erinnerung, die davon bleibt, ist unbezahlbar.

Ayoub: Ich habe gegen den Iran gemerkt, wie das ganze Land hinter uns stand und mitgefiebert hat. Das hat man in den Medien sehen können und selbst vor Ort waren ein paar marokkanische Fans. Natürlich ist es sehr, sehr schön, für sein Land Geschichte zu schreiben. Das ist definitiv ein Moment, den man nie wieder vergessen wird.

Das Viertelfinale gegen Mali war ebenfalls bis zur letzten Sekunde spannend. Wie war das Gefühl für euch, als ihr den Schlusspfiff gehört habt wusstet: Okay, das war's jetzt?

Anas: Puh, ich glaube, das war der größte Schmerz, den wir bisher hatten – nicht nur individuell, sondern auch als komplette Mannschaft. Aber der Trainer war übertrieben stolz auf uns, das Land auch. Leider hat es nicht für mehr gereicht, auch wenn wir die Chance hatten. Ich glaube das ist auch das, was ausschlaggebend für die große Enttäuschung war –weil wir wirklich gedacht haben, wir kommen noch eine Runde weiter. Als es dann mit einem Moment vorbei war, hat das schon echt weh getan. Aber wir haben auf jeden Fall sehr, sehr viel mitgenommen, auch aus diesem Spiel, und haben uns menschlich wie fußballerisch weiterentwickelt.

Ayoub: Anas hat das schon richtig gesagt: Das war, glaube ich, der emotionalste Moment in meiner bisherigen Laufbahn. Wir wussten schon im Vorhinein, dass Mali sehr stark und ein Titelfavorit für die WM ist. Wir haben schon im Afrika-Cup gegen Mali gespielt und damals erst im Elfmeterschießen gewonnen, was schon damals keiner gedacht hätte. Natürlich haben wir vor dem Spiel alle an uns geglaubt und hätten gewollt, dass wir eine Runde weiterkommen. Aber so ist es halt im Fußball: Man muss manchmal akzeptieren, dass man Niederlagen einstecken muss. Es geht natürlich weiter, nur das Kapitel WM wurde dort geschlossen.

Inwiefern hat euch das geholfen, dass ihr all diese Erfahrungen zu zweit machen konntet?

Ayoub: Ich fand es schon viel besser als die Vorstellung, diese Erfahrung allein zu machen. Zusammen hatten wir die Möglichkeit, unsere Emotionen zu teilen und über die Spiele, das Training – einfach über Alles reden zu können.

Ihr seid nun über einer Woche wieder hier. Wie findet man sich nach so einer Erfahrung wieder im Alltag ein?

Anas: Wir haben zwei Tage nach unserer Ankunft Pause gehabt, was mir persönlich gutgetan hat: Ich war nach der Ankunft schon ein bisschen krank – zwar nichts Wildes, aber man hat auf jeden Fall gespürt, dass sich was verändert hat. Aber ich freue mich, wieder hier zu sein. Jetzt können wir auch hier angreifen, unser Hauptfokus ist ja Eintracht Frankfurt. Es tut echt gut, wieder hier zu sein.

Ayoub: Wir haben eine anstrengende Reise hinter uns, die sehr lang war. Aber ich freue mich trotzdem, hier zu sein, weil wir jetzt wieder im Tagesgeschäft weitermachen. Ich hoffe sehr, dass wir unsere Erfahrungen jetzt mitnehmen und weiter dran anknüpfen können.