15.04.2021
Nachwuchsleistungszentrum

Vom Trikot- zum Anzugträger

Mit 18 wurde Erik Wille bei der Eintracht zum Profi, nur vier Jahre später beendete eine Hüftverletzung seine Karriere. Doch mit einem geplatzten Traum begann ein neuer erfolgreicher Weg im Finanzbereich.

Erik war 18 Jahre alt als sein Kindheitstraum in Erfüllung ging: Nach jahrelangem, hartem Training unterschrieb er seinen ersten Profivertrag bei Eintracht Frankfurt. Nun, neun Jahre später, stehen die Fußballschuhe ganz hinten im Schrank und den ehemaligen Kollegen schaut Erik nur noch im Fernsehen zu. Und trotzdem sagt er: „Ich bin jetzt vielleicht sogar zufriedener, als ich es als Fußballprofi hätte werden können.“

Vom geplatzten Traum zum neuen Weg

Doch von vorne: „Es ist jetzt einige Jahre her, deshalb kann ich mittlerweile ganz gut darauf zurückblicken“, beginnt Erik mit seiner Geschichte, die nach dem Unterschreiben des Profivertrags – seinem „Traum von klein auf“ wie er sagt – eine starke Wendung nahm. Seit er neun Jahre alt war, trug der heute 28-Jährige den Adler auf der Brust, reiste mit der Eintracht durch die Republik und feierte 2010 mit der U17 „das absolute Highlight, sich einmal Deutscher Meister nennen zu dürfen.“ Nachdem der Frankfurter Schwierigkeiten hatte, sich im Profikader der Eintracht durchzusetzen, wechselte er nach rund anderthalb Jahren nach Duisburg, wo ihm der Durchbruch inklusive Aufstieg in die 2. Liga gelang.

Als Kapitän führte Erik Wille die U17 in der Saison 2009/10 zur Deutschen Meisterschaft - und wollte die Schale am liebsten nicht mehr abgeben.

Nach zwei Jahrzehnten in Fußballschuhen und Trikot folgte allerdings der Schock. Eine Hüftverletzung zwang Erik erst zu einer OP und einem Jahr Reha, 2015 musste der Frankfurter schließlich sein Karriereende mit 22 beschließen – zumindest fußballerisch. „Zu dem Zeitpunkt war es superschwer, den Traum aufgeben zu müssen, für den ich mein ganzes Leben lang trainiert hatte“, gibt Erik zu, der damals plötzlich wieder am Anfang stand. „Ich wusste zunächst gar nicht, was ich machen soll“, erinnert er sich zurück. „Ich hatte mich allerdings schon immer für Finanzen interessiert und mein Geld selbst verwaltet.“ Also begann er ein BWL- Studium, das er mit einem Master in Banking und Finance an der Frankfurt School of Finance & Management abschloss und das ihn schließlich zu seinem heutigen Job brachte: Portfolio-Manager bei FeriTrust in Bad Homburg.

Vom Fußball bis heute geprägt

Dort trägt er nun tagtäglich Verantwortung für mehr Millionen, als er als Profi jemals hätte verdienen können, während er Fußballspiele nur noch als Zuschauer verfolgt. Und trotzdem zieht der Frankfurter noch heute einiges aus seiner abgeschlossenen Karriere auf dem Platz: „Es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, dass ich noch heute jeden Tag davon profitiere“, meint Erik, denn: „Wenn man sich als Jugendspieler im Fußball durchgesetzt hat, kann man sich in jedem Bereich durchsetzen. Man hat eine sehr hohe Leidensfähigkeit, geht gerne über Grenzen hinaus und ist bereit, extra Meter zu gehen.“

Aber kommt nicht doch ab und zu Wehmut auf, dass es mit dem ehemaligen Traum nicht geklappt hat? „Das werde ich tatsächlich sehr häufig gefragt“, muss Erik lachen und hat deshalb auch eine klare Antwort: „Der Profisport war ein Lebensabschnitt und mein Traum als Kind und Jugendlicher. Aber das Fußballerleben hat auch Nachteile. Man lebt wie in einer Blase und das hat mir schon damals nicht gereicht.“ Er habe stattdessen immer schon etwas gebraucht, bei dem er nicht nur seinen Körper, sondern auch den Geist fit halten kann. Das kann er in seinem jetzigen Job voll ausleben und sagt deshalb auch: „Wenn ich heute die Jungs im Fernsehen sehe, trauere ich nichts hinterher, sondern bin sehr zufrieden und glücklich, wie alles gekommen ist.“

Daran will man als Jugendspieler nicht glauben, aber ich habe gemerkt, wie wichtig es ist, immer mindestens ein zweites Standbein zu haben.

Erik Wille

Dass es zu diesem Happy End nach der Verletzung gekommen ist, erklärt sich Erik auch dadurch, dass er früh erkannt hat, wie wichtig ein Plan B ist. „Ich habe hunderte junge und sehr talentierte Spieler gesehen, die den Sprung in den Profifußball trotzdem nicht geschafft haben. Das muss man sich immer bewusst machen“, meint er. Das bedeute nicht, dass man nicht alles für seinen Traum geben sollte: „Wenn man Profifußballer werden möchte, dann sollte man alles daran setzen und 100 Prozent dafür geben. Aber das heißt nicht, dass man zeitlich die Schule vernachlässigen muss.“ Auch er habe neben dem Training mit den Profis sein Abitur gemacht und weiß heute besser denn je: „Selbst wenn man der beste Spieler der Welt ist, kann man sich verletzen. Daran will man als Jugendspieler nicht glauben, aber ich habe gemerkt, wie wichtig es ist, immer mindestens ein zweites Standbein zu haben“ – und gemerkt, wie weit einen ein solches tragen kann.