14.07.2021
Nachwuchsleistungszentrum

„Vieles ist hängengeblieben“

Maßgeblichen Anteil am Erfolg der B-Junioren 1991 hatte Matthias Hagner. Doppeltorschütze im Finale, später Profi-Debüt im Eintracht-Dress, heute beruflich auf anderem Terrain zu Hause. Wir sprachen mit „Tisi“.

Matthias Hagner ist am 15. August 1974 in Gießen geboren, aufgewachsen ist er in Burgsolms. Mit fünf Jahren ging es für ihn schon auf den Fußballplatz. Bis zur B-Jugend schnürte er die Schuhe für seinen Heimatverein FC Burgsolms, bis er 1990 dem Ruf der Eintracht folgte und gemeinsam mit seinem besten Kumpel, Sascha Lense, an den Main wechselte. Dass in seinem ersten Jahr direkt die Deutsche Meisterschaft gelang, kam für viele überraschend: „Wir wussten ja, dass wir eine gute Mannschaft haben, aber mit der Meisterschaft hat keiner gerechnet und erst recht nicht mit so einem Finale“, berichtet Hagner und ergänzt: „Es war ein unfassbar irres Endspiel“. Das Endspiel, das die Eintracht zum Deutschen Meister 1991 machte.

Mit so einem ersten Jahr ist der Weg doch eigentlich vorgegeben, nicht so bei Matthias Hagner. Gegen jede Erwartung ging er nach nur einem Jahr wieder zurück zu seinem Heimatverein. Der Grund – Endspurt in der Schule. „Mir war es wichtig, dass ich den Schulabschluss mache“, so der heute 46-Jährige. In Absprache mit der Eintracht, konnte er aber nach einem Jahr wieder das Adlertrikot überstreifen. Mit dem Abitur in der Tasche und in seinem zweiten Jahr in der A-Jugend folgte in der Winterpause das, wovon jeder Bub träumt, wenn er das erste Mal den Ball berührt: ein Profivertrag.

Ich, der Junge vom Dorf, saß am Riederwald neben Spielern wie Maurizio Gaudino, Uli Stein, Anthony Yeboah und Jay-Jay Okocha. Spieler, die ich ein halbes Jahr vorher noch in mein Panini-Heft geklebt habe.

Matthias Hagner

An sein erstes Training bei den Profis kann sich Matthias Hagner noch sehr gut erinnern. „Ich, der Junge vom Dorf, saß am Riederwald neben Spielern wie Maurizio Gaudino, Uli Stein, Anthony Yeboah und Jay-Jay-Okocha. Spieler, die ich ein halbes Jahr vorher noch in mein Panini-Heft geklebt habe“, erinnert sich der vierfache Familienvater und ergänzt „es war ein Stück weit unwirklich, aber verdammt cool“. Sein erstes Spiel im Eintracht-Trikot machte Hagner beim 3:0 Heimsieg gegen den SC Freiburg, bei dem Yeboah das Spiel mit seinen drei Treffern quasi im Alleingang entschied.

Sein drittes Jahr mit dem Adler auf der Brust war wohl das emotional komplizierteste. Für ihn persönlich hätte es kaum besser laufen können. Mit zehn Toren in 26 Einsätzen, spielte er eine hervorragende Saison. Für die Eintracht hingegen lief es gar nicht rund und am Ende der Spielzeit 1995/96 musste die Eintracht den schmerzhaften Gang in Liga zwei antreten. Hagner wechselte im Anschluss zum VfB Stuttgart, wo er 1997 den DFB-Pokal gewann und 1998 im Europokal Endspiel gegen den FC Chelsea stand.

„Mit dem Erreichten happy“

Nach seiner Station bei den Schwaben zog es Hagner zu Borussia Mönchengladbach, wo es für ihn nicht so lief, wie erhofft und seine Chancen auf eine Teilnahme an der WM mit der Nationalmannschaft zerplatzten. „Da war meine Nationalmannschaftskarriere vorbei, bevor sie überhaupt angefangen hat“, erinnert sich Hagner mit einem Lächeln im Gesicht zurück. Danach folgten Stationen bei der SpVgg Greuther Fürth und dem FC Saarbrücken, bis es ihn zum Ende seiner Karriere wieder in die hessische Heimat zog.

Da wo seine Karriere so richtig begann, beendete er sie auch. Am Bornheimer Hang, wo er mit der Eintracht die B-Jugend Meisterschaft gewann, begleitete er in seinen letzten Profi-Jahren den Weg des FSV Frankfurt von der Oberliga bis in die zweite Liga. „Ich bin mit dem, was ich erreicht habe, wirklich happy. Durch all die Höhen und Tiefen, die ich erlebt habe, ist vieles hängen geblieben, vor allem Freundschaften“, resümiert Hagner zufrieden. „Mit Sascha Lense bin ich damals zur Eintracht gegangen, wir sind zusammen Deutscher Meister geworden und seit 30 Jahren beste Freunde.“

Der Wechsel in den Hörsaal

Nach der aktiven Karriere folgte für Hagner zunächst der Sprung an die Seitenlinie. Mit der Trainer B- und A-Lizenz ging sein Weg mit den Sportfreunden Siegen bis in die Regionalliga. Mit 39 stellte sich Hagner dann die Frage: „Fußballlehrer oder Studium?“ und da er gerne über den Tellerrand hinausschaut, war es für ihn eine leichte Entscheidung. Mit großer Wahrscheinlichkeit der älteste Student im Hörsaal, begann er sein Psychologie-Studium an der Universität Gießen und schloss dieses nach vier Jahren büffeln erfolgreich ab. Heute arbeitet der ehemalige Profi als Psychologe in einer Einrichtung für psychisch erkrankte Menschen.

Es macht mir super viel Spaß, mit den Kindern zu arbeiten und ihnen etwas von meiner Erfahrung und meinem Fachwissen mitzugeben.

Matthias Hagner

Den Weg zurück in den Sport möchte er aber nicht ausschließen. Besonders das Feld der Sportpsychologie reizt den gebürtigen Gießener. So ganz ohne Fußball geht es aber dann doch nicht. Neben seinem Job steht er nach wie vor an der Seitenlinie und trainiert seit zehn Jahren nun schon Nachwuchskicker. „Es macht mir super viel Spaß, mit den Kindern zu arbeiten und ihnen etwas von meiner Erfahrung und meinem Fachwissen mitzugeben. Besonders die soziale Verantwortung ihnen gegenüber, macht diese Aufgabe so spannend“, so der stolze Familienvater.

Die Eintracht spielt im Leben des 46-Jährigen auch heute noch eine wichtige Rolle. „Als Ex-Eintrachtler und waschechter Hesse ist die Eintracht immer Thema“. Und durch die vor kurzem gegründete WhatsApp-Gruppe mit seinen ehemaligen Teamkameraden der B-Junioren-Meisterschaft, schwelgt er auch weiterhin in schönen Erinnerungen zum damaligen Titelgewinn.