18.12.2024
Nachwuchsleistungszentrum

Ein Halbjahr der Rekorde

In der Hinrunde der Saison 2024/25 haben die NLZ-Teams im Ligabetrieb nicht nur mit die jüngsten Mannschaften ihres Wettbewerbs gestellt, sondern auch zahlreiche Jungjahrgänge zum Einsatz gebracht.

Samstag, 27. Juli 2024: Mit seiner Einwechslung beim Saisonauftakt der U21 gegen die Stuttgarter Kickers kürt sich Alessandro Gaul Souza zum jüngsten Spieler, der je in der Regionalliga Südwest aufgelaufen ist. Was zu diesem Zeitpunkt noch niemand weiß: Bis zum Ende der Hinrunde wird dieser Rekord von zwei weiteren Adlerträgern geknackt worden sein. 

Aber von vorn: Von der U17 bis zur U21 startete die Eintracht mit sehr jungen Mannschaften in die Saison 2024/2025. Torwart Nils Ramming und Alessandro Gaul Souza zählten als Talente des Jahrgangs 2007 bereits ebenso fest zum Kader der U21 wie die 2006er Aiden Harangi, Noah Fenyö, Junior Awusi und Anas Alaoui, die allesamt noch in der U19 spielberechtigt wären. Zu den A-Junioren wiederum waren mit Ebu Bekir Is und Alexander Staff zwei 2008 geborene Spieler aufgerückt, die damit ihr zweites Jahr bei den B-Junioren übersprangen. Und die U17? Die hatte zu Saisonbeginn gleich sechs Jungjahrgänge in ihren Reihen und startete als zweitjüngstes Team ihrer Gruppe in die neue Spielzeit. 

Im Laufe des Halbjahres sollte es zu zahlreichen weiteren Pflichtspieleinsätzen jahrgangsjüngerer Spieler kommen. Mit Niko Ilicevic rückte im September der nächste Jungjahrgang in die U17 von Sebastian Haag auf – und das im Alter von gerade mal 14 Jahren, also als Spieler, der noch für die U15 spielberechtigt wäre und damit sogar zwei Mannschaften höher spielt als möglich. Der Mittelfeldspieler war kurz zuvor mit der U15 in die Saison der C-Junioren-Regionalliga Süd gestartet und hatte schon beim Auftakt gegen Darmstadt mit zwei Toren geglänzt. Bei seinem ersten Einsatz bei den B-Junioren steuerte der Mittelfeldspieler direkt einen Assist bei; am 5. Oktober folgte sein erster Pflichtspieltreffer für die U17.

Junge Teams, Dominanter Fußball

Ilicevic war nicht der einzige Spieler des Jahrgangs 2010, der während des vergangenen Halbjahres für ein jahrgangsälteres Team zum Einsatz kam: Nach einer herausragenden Hinrunde mit der U15, in der die C-Junioren neun von neun Spielen gewannen, durften Luka Brnic, Blendion Krasniqi und Hannes Georg ihr Talent auch für die U16 in der B-Junioren-Hessenliga unter Beweis stellen.

Dass sich der Einsatz junger Talente nicht nur positiv auf die individuelle Entwicklung der Spieler auswirkt, sondern darüber hinaus auch kein Widerspruch zu guten Ergebnissen darstellt, zeigt ein Blick auf die Statistiken der U17: Im Durchschnitt liefen die B-Junioren während der Hinrunde mit einer Mannschaft im Alter von 15,5 Jahren auf und stellten damit auch im bundesweiten Vergleich das drittjüngste Team der DFB-Nachwuchsliga. Dabei machten die Adlerträger immer wieder mit ihrer offensiven und dominanten Spielweise auf sich aufmerksam: 66,6 Prozent Ballbesitz sammelten die B-Junioren durchschnittlich pro Partie – lediglich Borussia Dortmund und Leipzig können diesen Wert übertreffen. Aus diesem spielbestimmenden Auftreten heraus erzielten sie 41 Tore und damit etwa drei Treffer pro Partie.

Ähnlich beeindruckend lesen sich die Statistiken der U19, die mit einem Durchschnittsalter von 17,1 Jahren das viertjüngste A-Junioren-Team in ganz Deutschland stellte. Im Mittel 68,5 Prozent Ballbesitz pro Spiel bedeuten darüber hinaus Platz eins im bundesweiten Vergleich. Diese Feldvorteile machen sich auch in der Offensive bemerkbar: 44 Treffer erzielten die Eintrachtler in der Vorrunde und befinden sich damit unter den zehn torgefährlichsten Mannschaften der gesamten DFB-Nachwuchsliga.

Dabei wurde auch bei den A-Junioren fleißig debütiert: Emil Möhler, der im Sommer an den Riederwald gewechselt war, stieß im September zur U19 und ersetzte den zwischenzeitlich verletzten Amil Siljevic zwischen den Pfosten der A-Junioren. Wettbewerbsübergreifend hütete der 16-Jährige seitdem in vier Spielen das Tor der U19.

Wir wollen verhindern, dass Spieler zu viel zwischen zwei oder mehr Jahrgängen hin und her hüpfen.

Alexander Richter

In die Entscheidungsfindung, ob ein jüngerer Spieler zu Einsätzen in höheren Jahrgängen kommt oder gar fest in ein älteres Team wechselt, sind dabei eine Vielzahl an Verantwortlichen innerhalb des NLZ involviert. So werden neben den Trainerteams auch die sportpsychologische und die pädagogische Abteilung in den Prozess mit einbezogen. Das Hochziehen in einen älteren Jahrgang erfolgt zudem schrittweise, wie Alexander Richter erklärt: „Der Spieler trainiert zunächst über einen festgelegten Zeitraum zweimal wöchentlich im älteren Jahrgang mit, um die Intensitäten und Umfänge dort zu adaptieren“, so der NLZ-Leiter.

„So verringern wir die Gefahr einer möglichen Verletzung und können die Leistungen des Spielers auch nochmal einschätzen. Wenn alles passt, ziehen wir den betroffenen Spieler dann in den höheren Jahrgang, der dann auch seine feste sportliche Heimat wird. Das Trainerteam ist dann dafür verantwortlich, dass er im älteren Jahrgang viel Spielpraxis erhält.“ Richter ergänzt: „Wir wollen verhindern, dass Spieler zu viel zwischen zwei oder mehr Jahrgängen hin und her hüpfen. Das kann nicht leistungsfördernd sein.“

U21 knackt eigenen Rekord

Eine Regelanpassung des Hessischen Fußball-Verbandes sorgte im Herbst unterdessen für frischen Wind bei der U21: Denn mit der Änderung des Paragrafen 29 der Jugendordnung wurde hessischen Teams in der Regionalliga Südwest fortan der Einsatz 16-jähriger Talente möglich gemacht. Die Eintracht machte sich das direkt zu Nutze. Gegen den SGV Freiberg stand Alexander Staff, der für die U19 bis dato in neun Pflichtspielen sieben Tore erzielt und zwei weitere vorbereitet hatte, am 19. Oktober nicht nur im Kader der U21, sondern spielte sogar von Beginn an. Damit egalisierte er den im Juli aufgestellten Rekord von Alessandro Gaul Souza und kürte sich verbandsübergreifend zum jüngsten Regionalliga-Spieler aller Zeiten. 

Zwei Wochen später folgte die nächste Bestmarke: Beim 7:0-Sieg der Adlerträger über den Bahlinger SC erzielte Staff sein erstes Tor für die Adlerträger – auch das schaffte in der Regionalliga noch kein Spieler seines Alters. „Das Beispiel Alexander Staff zeigt, dass ein Einsatz eines jungen Spielers im Herrenbereich im Einzelfall sinnvoll sein kann – jedoch immer unter Berücksichtigung des aktuellen Leistungs- und Entwicklungsstandes“, erklärte Alexander Richter damals auf die doppelte Bestmarke des Sturmtalents angesprochen. „Wir freuen uns natürlich sehr für Alex und sind stolz auf ihn. Dass er diese beiden Bestmarken setzen konnte, hat er sich mit Fleiß und Lernbereitschaft selbst erarbeitet.“

Der nächste Eintrag in die Statistikbücher ließ jedoch abermals nicht lange auf sich warten. Am 30. November durfte der nächste Spieler des Jahrgangs 2008 sein Debüt für den ältesten NLZ-Jahrgang feiern. Im Alter von 16 Jahren einem Monat und 29 Tagen wurde Ebu Bekir Is gegen den 1. FSV Mainz 05 II eingewechselt, als – es sollte an dieser Stelle nicht mehr überraschen – nunmehr jüngster Regionalligaspieler jemals. Eine Woche später folgte beim 3:2-Sieg über den KSV Hessen Kassel sein Startelfdebüt für die U21. 

Auch die anderen Jungjahrgänge der U21 lieferten unter ihrem Trainer Dennis Schmitt ab. Nils Ramming hütete als 17-Jähriger 16-mal das Tor der Adlerträger in der Regionalliga, in sechs Spielen hielt er darüber hinaus die Null. Anas Alaoui, Alessandro Gaul Souza, Aiden Harangi und Junior Awusi avancierten ebenfalls zu Stammkräften, mit Ayoub Chaikhoun und Nilo Neuendorff kamen weitere Spieler des Jahrgangs 2006 und 2007 im ältesten Ausbildungsjahrgang zum Einsatz. Im gesamtdeutschen Vergleich lief lediglich der Hamburger SV II mit einem geringeren Altersdurchschnitt als die Eintrachtler auf.

Natürlich wollen wir jedes Spiel gewinnen und jeder einzelne Spieler bei uns ist auch heiß darauf, jedes Spiel zu gewinnen.

Alexander Richter

Dass es dabei nicht um das Knacken von Bestmarken, sondern um die individuelle Entwicklung der jeweiligen Spieler geht, verdeutlicht auch Alexander Richter: „Für die Spieler ist das die beste Vorbereitung auf den Profifußball. Man sieht es zum Beispiel an Elias Baum, der als Jungjahrgang Hessen- und Regionalliga gespielt hat und jetzt bei der SV Elversberg Stammspieler in der zweiten Liga ist“, erläutert der NLZ-Leiter. „Ältere Gegner spielen einfach anders Fußball. Dadurch, dass wir die Jungs früh damit konfrontieren, werden sie spiel- und zweikampfstärker. So führt das Setting, das wir in der Regionalliga haben, zu einer besseren Ausbildung unserer Spieler.“ 

Die Priorisierung der individuellen Entwicklung der Spieler stehe dabei nicht konträr zum mannschaftlichen Erfolg oder gar zum sportlichen Ehrgeiz, der NLZ-Leiter betont: „Natürlich wollen wir jedes Spiel gewinnen und jeder einzelne Spieler bei uns ist auch heiß darauf, jedes Spiel zu gewinnen. Das ist die Basis des Spiels. Unabhängig davon, welcher Spieler in welchem Jahrgang aufläuft oder wie jung oder alt die Mannschaft ist.“ 

U21 im Aufwind

Die Formkurve der U21 zeigte in den vergangenen Wochen unterdessen immer weiter nach oben. Zehn ihrer 17 Punkte sammelten die Adlerträger in der zweiten Hälfte der kalendarischen Hinrunde und erzielten dabei 15 Tore. Auch die Defensive konnte sich in den letzten Wochen festigen: Mussten die Eintrachtler in den ersten zehn Spielen noch 18-mal den Ball aus dem eigenen Netz fischen, ließen sie in den letzten zehn Spielen fünf Gegentore weniger zu.

Dass sich das junge Team von Dennis Schmitt mehr und mehr in der Regionalliga eingespielt hat, wird auch durch den Blick auf die jüngsten Begegnungen der Adlerträger klar: Zum Auftakt der Rückrunde sicherten sich die Eintrachtler Unentschieden gegen den 1. FSV Mainz 05 und die Stuttgarter Kickers, ihr Pflichtspieljahr 2024 schlossen sie mit einem 3:2-Sieg über den KSV Hessen Kassel ab. Zum Vergleich: In der Hinrunde stand nach diesen drei Begegnungen lediglich ein Zähler zu Buche. 

Wir bilden aus und das bedeutet, dass wir unseren Jungs Spielpraxis auf höchstmöglichem Niveau bieten wollen.

Alexander Richter

Der Positivtrend der U21 wie auch die starken Vorrunden der A- und B-Junioren untermauern den Erfolg der ausgerufenen Philosophie des Nachwuchsleistungszentrums, in dem in diesem Halbjahr jahrgangsübergreifend insgesamt 23 Spieler in älteren Jahrgängen zum Einsatz gebracht wurden.

So resümiert auch Alexander Richter: „Wir bilden aus und das bedeutet, dass wir unseren Jungs Spielpraxis auf höchstmöglichem Niveau bieten wollen. Dabei ist für uns wichtiger, was das Beste für den Spieler ist, als das, was eventuell das Beste für die Mannschaft ist. Das hat Priorität. Wenn wir dadurch Lehrgeld zahlen und auch mal Spiele verlieren, ist das für uns ärgerlich, aber im Sinne der Sache dann okay. Diesen Weg werden wir mutig und unbeirrt genau so weitergehen.“

Dieser Text erschien in der Dezember-Ausgabe des Klubmagazins „Eintracht vom Main“.