Es läuft die 81. Spielminute im GAZi-Stadion auf der Waldau am vergangenen Samstag, 27. Juli: Beim Gastspiel der U21 von Eintracht Frankfurt bei den Stuttgarter Kickers (1:2) bringt U21-Trainer Dennis Schmitt in der Schlussphase mit Alessandro Gaul Souza noch einmal frischen Wind für die Offensive. Für den Jungadler selbst eine besondere Einwechslung, durch die er seine ersten Pflichtspielminuten im Herrenbereich feiern darf. Ein genauerer Blick in die Regionalliga-Datenbank macht dieses Debüt gar noch besonderer: Mit 17 Jahren, einem Monat und sieben Tagen ist Gaul Souza nun der jüngste eingesetzte Spieler seit Einführung der Regionalliga Südwest zur Saison 2012/13. Nur unwesentlich älter als Gaul Souza ist Teamkollege und U21-Stammtorhüter Nils Ramming (beide Jahrgang 2007), der fest aus der U17 in die U21 integriert wurde und in dieser Statistik Rang acht belegt (Stand 31. Juli 2024).
Eine Statistik, die im ersten Moment beachtlich erscheint, aber im Gesamtkontext der U21 lediglich als ein weiterer Beleg für die Einhaltung einer klaren Ausbildungsphilosophie verstanden werden kann. Seit Wiedereinführung des ältesten Ausbildungsteams im Sommer 2022 konnte der Altersschnitt der U21 kontinuierlich gesenkt werden: Von im Mittel 21,2 Jahren in der Saison 2022/23 auf 20,1 Jahre in der laufenden Spielzeit. Interessant: Bei der knappen 1:2-Niederlage zum Saisonauftakt in Stuttgart betrug das Durchschnittsalter der Adlerträger in den Schlussminuten gerade einmal 19,2 Jahre. Dazu trugen fünf der zehn jüngsten Spieler des ersten Spieltags der Regionalliga Südwest 2024/25 das Eintracht-Trikot.
Jungjahrgänge als Leistungsträger
Nicht neu, aber auch in diesem Jahr im NLZ wieder gang und gäbe: Spieler, die aufgrund ihres Alters noch in der U19 spielberechtigt sind, fest in den U21-Kader zu integrieren. Zutreffend ist das nicht nur bei Nils Ramming, sondern auch bei Junior Awusi, Anas Alaoui, Aiden Harangi und Noah Fenyö (jeweils Jahrgang 2006). Ramming, Alaoui, Awusi und der kurz vor Saisonstart aufgerückte Gaul Souza kamen in Stuttgart auch jeweils zum Einsatz, demgegenüber blieb dies Harangi und Fenyö aus besonderen Gründen vorerst verwehrt: Während Harangi mit der U20-Auswahl der USA bei den CONCACAF U-20 Championship gefordert ist, zählt Fenyö zum 28-köpfigen Kader von Dino Toppmöller beim Trainingslager der Männer in Louisville (USA). Nicht unwahrscheinlich, dass auch sie sonst in Stuttgart Spielzeit erhalten hätten.
Es ist ein wichtiger Teil unserer Philosophie, den Jungs zum passenden Zeitpunkt Spielpraxis auf dem höchstmöglichen Niveau zu geben.
Alexander Richter
Fenyö ist damit ein aktuelles Musterbeispiel dafür, dass sich das Aufrücken eines Spielers nicht nur auf „U17 zu U19“ beziehungsweise „U19 zu U21“ beschränkt, sondern – und das ist dann das erklärte Ziel – bis hin zum Lizenzspielerbereich Anwendung findet. „Als aufrückender Spieler bekommst du frühzeitig ein gutes Gefühl dafür, wie du im höheren Jahrgang performen musst“, nennt NLZ-Leiter Alexander Richter einen der Vorteile dieses Modells. „Es ist ein wichtiger Teil unserer Philosophie, den Jungs zum passenden Zeitpunkt Spielpraxis auf dem höchstmöglichen Niveau zu geben, mit dem Ziel, ihnen Männerfußball näherzubringen und sie letztlich dort auch zu integrieren. Im besten Fall bis hin zum Profifußball. Das ist der Eintracht-Weg. Dafür müssen wir im Laufe der Ausbildungsjahre im NLZ Technik und Taktik, aber auch das Mindset und die Athletik individuell und progressiv steigern und sinnvoll anpassen.“
„Es muss auch immer Sinn machen“
Auf der anderen Seite müsse aber immer die individuell beste Lösung für einen Spieler bedacht werden, erklärt Richter weiter. „Wir integrieren nicht willkürlich Spieler in einen höheren Jahrgang, sondern überlegen uns im Vorfeld genau, bei wem es im Rahmen der maximalen Individualisierung sinnvoll ist. Es geht nicht darum, schnellstmöglich in den nächsthöheren Jahrgang zu kommen, sondern zum individuell sinnvollsten Zeitpunkt. Da steckt ein klarer Plan dahinter, den wir mit den Spielern erarbeiten und mit ihnen besprechen.“ Im Falle Gaul Souzas stand einem Einsatz vor dem Hintergrund seines Entwicklungsstandes nichts im Wege: „Alessandro hat es nach seiner Einwechslung gut gemacht, hat die technischen und athletischen Voraussetzungen und mutig Eins-gegen-Eins-Duelle gesucht. Dies gilt genauso für Nils Ramming und die anderen Spieler, die ebenfalls gute Leistungen gezeigt haben. Sie werden von uns weiterhin das Vertrauen spüren und Einsatzminuten bekommen, wenn ihre Leistung und ihre Einstellung stimmen.“