17.04.2021
Nachwuchsleistungszentrum

Den amerikanischen Traum leben

Die Zeit am Riederwald ist vorüber, doch was kommt dann? Yannic Horn, Torhüter der B-Junioren-Meistermannschaft von 2010, berichtet, welchen Weg er eingeschlagen hat.

„Um nach der Zeit als Jugendspieler im Profigeschäft Fuß fassen zu können, sind viele Faktoren ausschlaggebend und neben Talent und wirklich harter Arbeit darf auch ein Quäntchen Glück nicht fehlen“, fasst Yannic Horn, der bis zu Sommer 2012 seine Fußballschuhe für die Jugendteams der Eintracht schnürte und 2010 Deutscher Meister der B-Junioren wurde, den Traum vom Profifußballer zusammen. Der Torhüter hatte all dies in seiner Jugendlaufbahn, schaffte den Sprung und wechselte vom Riederwald auf den Bieberer Berg, wo er zwei Jahre lang im Kader des Dritt- und später Regionalligisten Kickers Offenbach stand.

Profidasein, Verletzung und ein neuer Weg

Zu dem angesprochenen Quäntchen Glück zählt auch, dass man von schwereren Verletzungen verschont bleibt, was Yannic in der Saisonvorbereitung für die Saison 2013/14 nicht vergönnt war. Ein Kreuzbandriss warf den Torhüter sportlich zurück, doch heute sieht der Ex-Profi diese Verletzung als Türöffner für sein jetziges Leben: „Von der U17 bis zu meiner Zeit als Profi in Offenbach war mein oberstes Ziel immer der Fußball. Mit der Verletzung 2013 kamen auch die ersten ernsteren Gedanken daran, wohin mich der Weg führen soll, wenn das Profidasein nicht von Dauer sein würde.“

Parallel zu seiner Zeit in Offenbach hat Yannic Horn sein Abitur abgeschlossen und damit den ersten Grundstein für einen Weg gelegt, den er sich damals nicht hätte ausmalen können. In der Saisonvorbereitung seiner Verletzung trafen die Kickers auf Alemannia Haibach und Yannic auf seinen ehemaligen Mitspieler aus Eintracht-Zeiten, Niklas Schüßler. Niklas erzählte ihm davon, dass er in die USA gehen wolle, um dort am College auf Leistungssportniveau Fußball zu spielen und parallel zu studieren.

Auf der anderen Seite des großen Teichs

Der Gedanke war von nun an in Yannics Kopf und wuchs schnell zu einem fixen Plan heran. „Für mich, der zu der Zeit den Profifußball immer noch als einen der möglichen Karrierewege sah, war diese Option genau das Richtige“, so der heute 28-Jährige. „Ich hatte einerseits die Möglichkeit, auf einem hohen Niveau Fußball zu spielen und andererseits das „Business Management“-Studium zu durchlaufen und somit etwas Handfestes abseits des Sports zu haben. Man muss seine Träume intensiv verfolgen, um seine Ziele zu erreichen. Aber es ist nie verkehrt, schon früh einen zweiten Weg zu eröffnen.“

Yannic begann im Sommer 2014 nach dem Auslaufen seines Vertrages, sein Leben als Student Athlete an der University of Montevallo in Alabama. Die Wortreihenfolge in der Bezeichnung ‚Student Athlete‘ zeigt ganz klar, worauf die Prioritäten als eben solcher zu legen sind: „An der Uni ist man immer erst Student und dann Sportler. Wenn man seine Studienziele nicht erreicht, darf man keinen Sport mehr treiben. Das war für mich eine krasse Umstellung, da in Deutschland bei mir immer der Sport an erster Stelle stand.“

Harte Arbeit und deutsche Tugenden

Nach seinem Wechsel 2016 aus Alabama an die Georgia State University, wo er die letzten beiden Jahre seines Studiums absolvierte, stand im September 2017 sein letztes Spiel als Student Athlete für die Georgia State Panthers an, für das seine Eltern zu Besuch waren. „Zu genau dieser Zeit fand eine Berufsmesse für die Unisportler statt, an der wir teilnehmen mussten. Ich wollte natürlich lieber Zeit mit meiner Familie verbringen und mein letztes Spiel genießen, aber bin natürlich auf der Messe erschienen.“ Ein Glücksgriff für den gebürtigen Groß-Umstädter. Über das Gespräch mit dem Vertreter von Turner Sports, die zu der Zeit die US-Rechte für die UEFA Champions League erhielten, kam Horn zu einem Praktikum, bei dem er seine Chance genutzt und die Verantwortlichen von sich überzeugt hat: „Was meine Vorgesetzten besonders an mir geschätzt haben, waren Tugenden, die für mich als Deutscher und Jugendfußballer ganz selbstverständlich waren: Pünktlichkeit, das Verständnis von Hierarchien und der Einsatzwille, immer mehr als 100 Prozent geben zu wollen.“

Der ganz persönliche American Dream

Für Yannic Horn hat sich die Sicht auf seine Zeit in den USA im Laufe der Jahre stark gewandelt: „Anfangs wollte ich eine schöne Zeit verbringen, Spaß haben und bestenfalls mit einem Abschluss und guten Erfahrungen in der Tasche zurück nach Deutschland kommen. Jetzt habe ich hier meine Frau, habe mich fest in Atlanta eingelebt und die Erlaubnis, festangestellt zu arbeiten.“ Die Tür hierzu öffnete ihm sein Praktikum bei Turner Sports, bei denen Yannic nach seinem Studienabschluss als Produktmanager im Bereich Live Streaming gearbeitet hat. Seit Anfang März ist der gebürtige Südhesse für CBS Interactive in dem gleichen Aufgabenfeld tätig und sorgt dafür, dass das Livestream-Benutzererlebnis für die sportbegeisterten Amerikaner stetig besser wird.

Wenn ich einen Tipp an die jungen Spieler weitergeben kann, ist es dieser: Man sollte den Blick über den Tellerrand ‚Fußball‘ wagen und herausfinden, was einem außerhalb des Sports Spaß macht und erfüllt.

Yannic Horn

Yannic hat aus den Rückschlägen bei seinem damaligen Plan A – der Karriere als Profifußballer – heraus neue Wege gefunden, die ihn dorthin leiteten, wo er heute steht – seinen eigenen American Dream lebend. Und auch wenn er nicht als Fußballer arbeitet, wie er es sich einst noch erträumte, hat ihm diese Zeit viele Türen geöffnet: „Wenn ich einen Tipp an die jungen Spieler weitergeben kann, ist es dieser: Man sollte den Blick über den Tellerrand ‚Fußball‘ wagen und herausfinden, was einem außerhalb des Sports Spaß macht und erfüllt – und damit kann man nicht früh genug anfangen. Setze dir realistische Ziele und gib alles dafür, diese Ziele zu erreichen – sei es im Sport oder abseits des Feldes.“ Yannic Horn hat alles gegeben und kann heute zufrieden auf seinen Weg und all die Hindernisse und Rückschläge, die er gemeistert hat, zurückblicken.