27.01.2021
U17

Den Adler auf der Brust - Die Eintracht im Herzen

Louis Kolbe, Josien Nathaniel und Arda Temur spielen derzeit ihre jeweils achte Saison im Dienst der Eintracht – und das mit je 16 Jahren. Wir nehmen ihren Werdegang unter die Lupe.

Beinahe ihr halbes Leben streifen sich Arda Temur, Josien Nathaniel und Louis Kolbe (v.l.) schon das Eintracht-Trikot über.

Sommer 2013. Das Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) am Riederwald ist, im Vergleich zur Vorsaison, um eine Mannschaft reicher. Eine neu gegründete U10 des Jahrgangs 2004 wurde gemeldet, gespickt ist der Kader mit elf talentierten Nachwuchskickern aus der Region. Louis Kolbe, Arda Temur und Josien Nathaniel sind drei von ihnen. Heute, rund siebeneinhalb Jahre später, streifen sie sich in der U17 nach wie vor das Eintracht-Trikot über. Damit sind Louis, Arda und Josien derzeit die dienstältesten Spieler im NLZ – gemeinsam mit den drei U19-Akteuren Felix Omoruyi Irorere, Nikola Komljenovic und Joshua Fröls, die in etwa zeitgleich zur damaligen U12 stießen. Aufgrund des jüngeren Alters hat das U17-Dreiergespann allerdings gute Aussichten, diesen Titel womöglich bald nicht mehr teilen zu müssen. Aber wie begann die Reise der heutigen B-Junioren eigentlich?

Louis, Arda und Josien, wie seid ihr damals zur neu gegründeten U10 gestoßen?
Josien: Durch Scouting. Ein ehemaliger Scout der Eintracht hat mich bei einem Turnier gesichtet, als ich noch für die SG Riederwald gespielt habe. Ich wurde zu einem Probetraining eingeladen, habe überzeugt und wurde genommen.

Arda: Ich habe damals in der Jugend des SC Opel Rüsselsheim gespielt. Mein jetziger Berater hat mich bei einem Turnier entdeckt und mich zu den Eintracht-Probetrainings vermittelt. Ich habe an mehreren Einheiten teilgenommen, obwohl nach dem ersten Training bereits sicher war, dass ich angenommen werde.

Louis: Mein ehemaliger Trainer bei der DJK Bad Homburg hat uns die Info weitergeleitet, dass die Eintracht eine neue U10-Mannschaft plant und wer Lust hat, könne sein Glück versuchen. Es waren keine Adlertage [Anm. d. Red.: Sichtungstage für junge Talente], sondern – wie Arda auch schon gesagt hat – eine Reihe an Probetrainings. Insgesamt 200 Kinder konnten vorspielen, elf wurden letztlich genommen.

Arda: Ich kann mich noch gut erinnern. Bei diesen Einheiten habe ich bereits mit Louis zusammengespielt.

Louis: Genau, das weiß ich auch noch. Bei mir ging es recht schnell. Nach drei, vier Trainingseinheiten wurde mir gesagt, dass ich es geschafft habe.

Tore gabs von Anfang an reichlich. Unser erstes Spiel haben wir gegen Bockenheim bestritten – und 23:1 gewonnen.

Arda Temur

Erinnert ihr euch noch an die Anfangszeit im Adlerdress? An die ersten Monate, die ersten Turniere, die ersten Tore?
Arda: Tore gabs von Anfang an reichlich [lacht]. Unser erstes Spiel haben wir gegen Bockenheim bestritten – und 23:1 gewonnen.

Louis: Unser erstes Turnier haben wir übrigens auch direkt gewonnen! Ich kann mich zwar nicht an alles erinnern, dafür an spezielle Erlebnisse umso besser. Gleich im ersten Turnierwettbewerb durften wir uns mit Jugendteams von anderen Bundesligisten messen. Das war schon ein besonderer Triumph.

Tatsächlich startete die neu gegründete U10 äußerst erfolgreich in die Spielzeit 2013/14. In den ersten drei Turnieren heimsten die Jungadler zwei Mal den Siegerpokal ein. Beim Wettbewerb in Herrieden ließen die Riederwälder unter anderem den FC Bayern München, den FC Ingolstadt sowie den SSV Jahn Regensburg hinter sich.

Furioser Start der neu gegründeten U10: Der Turniersieg in Herrieden war der zweite Triumph im dritten Wettbewerb.

Josien: Ich kann mich sehr gut an die ersten Turniere mit Übernachtungen in Jugendherbergen erinnern oder auch an die erste Auslandsreise als Team. Das war Anfang 2016, als wir in der U12 an einem Turnier in Italien teilgenommen haben.

Louis: Italien war gut, sehr gut sogar. Wir waren zwar sportlich nicht so erfolgreich, aber es war eine super Erfahrung. Wir waren ja noch sehr klein. Klar, wir hätten gerne besser abgeschnitten, aber für uns war auch die Reise an sich eine super Erfahrung. Wir haben viel mitgenommen und viel Spaß gehabt.

Habt ihr drei euch untereinander von Beginn an gut verstanden – und habt ihr gegenseitig euer Talent erkannt?
Louis: Gut verstanden haben wir uns definitiv. Dass man mehr als sieben Jahre später immer noch gemeinsam im Team spielt, das kann natürlich keiner erahnen. Zwischen den Spielzeiten gab es immer wieder Übernahmegespräche und keiner weiß, für wen es gereicht hat und für wen gegebenenfalls nicht. Ich persönlich habe gemerkt, dass wir drei Jahr für Jahr Leistung gebracht haben. Wir mussten alles auf uns zukommen lassen, aber es hat sich schon ein wenig abgezeichnet, dass wir drei zu den Leistungsträgern gehören.

Nur wenige Monate nach der Etablierung der U10 stießen Livan Burcu, Mahmut Afsar und Leon Keranovic zum Kader. Das ist ein Stamm von sechs Spielern, der auch heute noch zusammenspielt.
Josien: Das ist eine besondere Sache. Wir lernen uns über all die Jahre näher kennen und spielen von Saison zu Saison besser zusammen. Deshalb ist es schön, wenn alle übernommen werden und man gemeinsam in die neue Spielzeit gehen kann.

Louis: Das sehe ich auch so, wenngleich ich der Meinung bin, dass ein gesunder Mix wichtig ist. Unser Stamm beweist die individuelle Klasse und die Loyalität des Einzelnen. Aber auch neue Spieler tun einer Mannschaft gut und gleichzeitig hilft es uns in der Entwicklung, wenn wir neue Teamkameraden an die Hand nehmen und mit der Eintracht-DNA vertraut machen können.

Und genau das, nämlich das Heranführen von neuen Spielern, bekommen die Langzeit-Adler im aktuellen U17-Kader offensichtlich sehr gut hin, denn: die Neuzugänge fühlen sich wohl und nehmen entscheidende Rollen ein. Matteo Bignetti stand in vier von fünf Partien zwischen den Pfosten, Luka Hyryläinen erweist sich als Strippenzieher im Mittelfeld und Muhammed Damar trug sich bereits zwei Mal in die Torschützenliste ein.

Für mich ist das Verhältnis neben dem Platz erst einmal am wichtigsten. Wenn das passt, läuft es auch auf dem Rasen.

U17-Kapitän Louis Kolbe

Es entsteht der Eindruck, Neuzugänge fassen bei euch schnell Fuß.
Josien: Wir sind eine Mannschaft, die sehr offen für neue Spieler ist. Wir nehmen jeden direkt an die Hand und integrieren ihn ins Team. So etwas ist auch wichtig.

Louis: Das ist aber für uns nichts Besonderes, das ist normal.

Arda: Gerade für uns drei ist es nichts Neues mehr, wenn Spieler zu uns stoßen. Wir nehmen sie gerne so auf, dass sie sich direkt wohlfühlen. Schließlich wirkt sich das auch positiv auf uns als Mannschaft aus.

Aber neue Jungs bedeutet auch härterer Konkurrenzkampf.
Louis: Jeder Einzelne befindet sich im Konkurrenzkampf. Aber ebenso hat jeder den Willen, sich durchzusetzen. Ich finde, es muss unterschieden werden zwischen ‚auf dem Platz‘ und ‚neben dem Platz‘. Du kannst auf dem Platz schon auch mal verschiedener Meinung sein, aber neben dem Platz sollten Differenzen beiseitegelegt werden. Für mich ist das Verhältnis neben dem Platz erst einmal am wichtigsten. Wenn das passt, läuft es auch auf dem Rasen.

Was sind, eurer Meinung nach, die Besonderheiten eures Teams?
Arda: Unsere Mentalität!

Josien: Nach Rückständen lassen wir den Kopf nicht hängen, sondern machen weiter. Das ist unsere Mentalität, da gebe ich Arda recht. Die Frankfurter beziehungsweise die Eintracht-Mentalität. Immer zu fighten und zu kämpfen.

Welche Erlebnisse zählen zu euren absoluten Highlights?
Louis
: Ich würde sagen, die Reisen nach Dallas und nach Katar.

Josien: Ja, Dallas war krass!

Im April 2019 nahm das Trio – zu diesem Zeitpunkt in der U15 aktiv – am renommierten Dallas Cup teil. Der Wettbewerb hat im Turnierkalender unserer Jungadler schon Tradition: Bereits zum 15. Mal war die Eintracht im Jahr 2019 bei der 40. Auflage dabei. Heraus sprang ein starker zweiter Platz. Zwei Jahre zuvor stand eine nicht minder spannende Reise auf dem Flugplan. In Doha, der Hauptstadt Katars, nahmen die damaligen U13-Riederwälder an der ‚Tri-Series‘ teil und forderten den Nachwuchs von Atletico Madrid und der Aspire Academy heraus.

Louis: Für mich waren diese Reisen so besonders, weil man dort mal etwas Neues zu Gesicht bekam. Und in dem jungen Alter ist das schon cool.

Josien: Sowas hatten wir eben vorher noch nicht erlebt. Neue Städte, neues Essen, neue Sprachen – das waren tolle Erfahrungen.

Arda: Für mich waren Dallas und auch Katar etwas ganz Besonderes, weil ich zuvor noch nie so weit gereist bin. Ich habe mich vorab sehr darauf gefreut, die Länder zu erleben, die Turniere zu spielen und in Dallas bei der Gastfamilie zu leben. Und ich wurde nicht enttäuscht!

Siebeneinhalb Jahre sind eine lange Zeit. Habt ihr jemals mit dem Gedanken gespielt, die Eintracht zu verlassen?
Josien
: Bei mir war das nie ein Thema gewesen. Ich bin sehr glücklich hier und deshalb kam mir so ein Gedanke nie.

Arda: Ich kann mich Josie nur anschließen.

Louis: Es gab natürlich in dieser langen Zeitspanne auch Momente, in denen es nicht so optimal lief. Das hat aber nicht den Gedanken in mir hervorgebracht, dass ich wechseln möchte. Sondern eher, dass wir innerhalb des Teams etwas verändern sollten. Wir sind gut aufgestellt und ich bin ebenfalls glücklich hier.

Nach der C-Junioren Regionalliga und der B-Junioren Hessenliga darf sich das Trio in der aktuellen Saison nun erstmals auf U17-Bundesliga-Ebene beweisen. Während Louis seine Truppe in dieser Saison wieder als Kapitän aufs Feld führt, gehören auch Josien und Arda zum erweiterten Stammpersonal.

Kommen wir zu den bisherigen Leistungen in der B-Junioren Bundesliga Süd/Südwest. Wie bewertet ihr euer Auftreten bis zur eingelegten Zwangspause?
Arda
: Leider haben wir das erste Saisonspiel verloren, das war natürlich kein guter Start. Ich denke das, was wir bisher gezeigt haben, war in Ordnung – aber es geht besser. Ich persönlich möchte, dass wir so wenige Gegentore wie möglich kassieren und so viele Siege wie möglich einfahren.

Josien: Wir sind etwas schlechter in die Liga gestartet, als wir es uns im Voraus gewünscht hätten. Meiner Meinung nach stimmt der derzeitige Tabellenstand [Platz 7; Anm. d. Red.] noch nicht mit unserem Potenzial überein. Wir haben nicht immer das gezeigt, was wir drauf haben. Deshalb wollen wir, im Falle eines Restarts, direkt da sein und unser Potenzial direkt auf den Platz bringen.

Louis: Ich sehe es auch so. Wir haben in der Vorbereitung zehn von elf Spielen gewonnen und sind überzeugend aufgetreten. Das erste Ligaspiel zu verlieren war ein Schock, den wir erst einmal verdauen mussten. Vielleicht ist die Pause gar nicht so schlecht. Denn wenn es – hoffentlich irgendwann – weiter geht wollen wir, wie Josie schon gesagt hat, mit voller Konzentration und Ehrgeiz richtig durchstarten. Der Blick geht ganz klar nach vorne.

Jetzt kennt ihr euch schon mehr als sieben Jahre, seht euch in einer Regelwoche nahezu täglich. Kommt es dann noch zu Treffen in der Freizeit?
Josien
: Das ist ganz unterschiedlich. Klar treffen wir uns gelegentlich auch privat, aber jeder hat natürlich auch andere Freunde, beispielsweise Schulfreunde. Die Internatsspieler treffen sich vermutlich privat etwas häufiger.

Arda: Bei den Spielern, die etwas weiter weg wohnen – und dazu gehöre ich [wohnhaft in Rüsselsheim; Anm. d. Red.] – ist es natürlich nicht ganz so einfach. Die Einheiten sowie die Hin- und Rückfahrten nehmen viel Zeit in Anspruch. Deshalb bin ich mit den Jungs in meiner Freizeit nicht ganz so oft unterwegs.

Louis: Je älter wir werden, desto weniger Freizeit bleibt. Das ist, denke ich, bei uns allen so. Gerade jetzt liegt der Fokus bei allen auf Fußball und Schule. Auch weil wir uns normalerweise jeden Tag sehen, macht es vielleicht gar nicht so viel Sinn, dass wir uns auch noch privat treffen. Die Zeit lässt es auch wie gesagt oftmals nicht zu. Das heißt natürlich nicht, dass wir uns außerhalb des Platzes nicht verstehen, dafür kennen wir uns einfach zu lange. Wir sind trotzdem alle Freunde und wie Josie sagt: gelegentlich treffen wir uns dann doch privat.

Josien: …zum Beispiel zum Haare schneiden. Louis kann Haare schneiden.

Das hast du, Louis, auch schon bei deinen Teamkollegen ausprobiert?
Louis
: Ja, das habe ich.

Josie: Als wir mit dem DFB unterwegs waren, hat er mir die Haare geschnitten. Ich war sogar zufrieden mit dem Resultat. Louis ist damit nicht nur mein Kapitän, sondern auch mein Friseur.

Alle lachen.

Mein Hauptziel ist, dass wir als Team viel erreichen. Dass wir hoffentlich bald wieder Saisonspiele haben und eines nach dem anderen gewinnen.

Josien Nathaniel

Aktuell ruht der Ball und ihr pocht darauf, dass es hoffentlich irgendwann weitergeht. Was setzt ihr euch persönlich und im Team zum Ziel?
Arda
: Mein persönliches Ziel ist, dass ich nach jeder Partie etwas mitnehme und mich weiterentwickle. Mit Mannschaft möchte ich, wie vorhin erwähnt, jedes Spiel gewinnen und so wenige Tore wie möglich kassieren.

Josien: Mein Hauptziel ist, dass wir als Team viel erreichen. Dass wir hoffentlich bald wieder Saisonspiele haben und eines nach dem anderen gewinnen. Ich denke, ich spreche auch für das Team, wenn ich sage, wir wollen das Beste aus uns herausholen. Ich persönlich möchte nach der Pause erfolgreicher sein als vorher und der Mannschaft somit mehr helfen.

Louis: Ich sehe es ähnlich wie Arda und Josie. Das Ziel für uns alle ganz klar, dass wir als Team das Maximum herausholen wollen und da muss jeder Einzelne seinen Teil dazu beitragen. In der Tabelle wollen wir auch den einen oder anderen Platz gut machen. Mein persönliches Ziel ist, dass ich mich weiterentwickle und mich im nächsten Jahr in der U19 als jüngerer Jahrgang durchsetze und auf dem Platz stehe.

Und wenn alles nach Plan läuft, dann feiert das Trio im zweiten U19-Jahr ein beeindruckendes Jubiläum: Zehn Jahre im Dienst der Eintracht. Mehr als ihr halbes Leben tragen sie dann den Adler auf der Brust. Und vielleicht auch noch über die Nachwuchsteams hinaus.