13.04.2021
Nachwuchsleistungszentrum

Ansprechpartner und Wegbereiter

Anton Schumacher ist Pädagogischer Leiter im Leistungszentrum und unterstützt die Jungadler insbesondere in ihrem schulischen und beruflichen Werdegang. Im Rahmen der (Aus)Bildungswoche sprechen wir mit ihm.

Anton, du bist Pädagogischer Leiter im Leistungszentrum. Wie würdest du eure Arbeit in wenigen Zeilen zusammenfassen?
Übergeordnet geht es um die bestmögliche Koordination zwischen Leistungsfußball auf höchster Ebene und dem berühmten „Plan B“, sprich Schule bzw. einer beruflichen Orientierung. Darüber hinaus geht es um die bestmögliche Begleitung von den Jungs, die wir hier im Internat und den Wohnungen untergebracht haben. Ihnen möchten wir ein zweites zu Hause geben und deren Alltag ebenfalls so organisieren und koordinieren, dass Schule oder eine berufliche Orientierung optimal aufeinander abgestimmt sind. 

Im Leistungszentrum spielen Nachwuchstalente im Alter zwischen 8 und 19 Jahren. Gehören alle Jungs zu eurem Aufgabenbereich?
Pädagogik ist natürlich ein großer Begriff, wir fassen ihn schon sehr eng zusammen auf die schulische Entwicklung. Sprich: Wann immer es Probleme gibt, können wir gerne unterstützen. Hier stellt sich immer die Frage: Inwieweit macht es Sinn, inwieweit haben wir überhaupt Einfluss. Sobald die Jungs in den Leistungsbereich hineinschnuppern, sind auch wir, mein Mitarbeiter Giovanni Brandi und ich, mehr involviert. Einfach, weil beide Bereiche intensiver werden: Der Fußball bewegt sich im Leistungsbereich auf einem deutlich höheren Niveau. Und in der Schule geht es allmählich in Richtung Abschluss und einen möglichen Übergang in Richtung Oberstufe.

Das bedeutet, in diesem Alter legt ihr ein besonderes Augenmerk auf die Jungs?
Ja, hier spielt natürlich auch die pubertäre Entwicklung mit hinein. Wenn sie sich im Alter zwischen 15 und 17 Jahren bewegen, müssen wir die Hand eng am Puls haben. Wichtig ist, dass es immer ein Zusammenspiel ist, zwischen dem Spieler, dem Elternaus und uns. Wir können den Jungs helfen, immer wieder auf unser Angebot hinweisen, aber alles abnehmen können wir ihnen auch nicht. Manchmal ist das auch gar nicht gewünscht, was aber grundsätzlich nichts Negatives ist. Wir haben glücklicherweise auch einige Jungs, die spielen B- bzw. A-Junioren-Bundesliga und haben ein Abitur mit sehr ordentlichen Noten in der Tasche. Wir fühlen uns immer mitverantwortlich, wollen aber auch niemandem unsere Hilfe aufzwängen oder den Eindruck erwecken, ohne unsere Hilfe gehe es nicht. Wenn jemand seinen eigenen Weg geht, und das auch noch erfolgreich, dann ist das auch uns sehr willkommen. Und diese Fälle gibt es auch nach wie vor.

Es geht beides, Schule und Fußball. Bitte nicht den Fokus zu früh nur auf den Fußball legen, in der falschen Annahme, nur so seinem Traum näherzukommen – das ist nicht der Fall.

Anton Schumacher

Nur die Wenigsten schaffen den Sprung in den Profibereich. Ist das deiner Wahrnehmung nach den Jungs bewusst?
Meine Erfahrung ist, dass die, die am weitesten weg sind, noch am meisten träumen. Und diejenigen, die sich schon im oberen Leistungsbereich befinden, den realistischsten Blick darauf haben. Ich könnte mir vorstellen, dass beispielsweise unsere U15-Jungs überzeugter davon sind, Profi zu werden, als es unsere A-Junioren sind – obwohl in der U19 bereits einige Spieler Profiluft schnuppern durften und vermeintlich nah dran sind. Ich denke schon, dass viele Jungs eine realistische Sichtweise haben. Nichtsdestotrotz muss dieser Traum vom Profifußball auch aufrechterhalten werden, um dafür etwas zu geben. Und genau das ist eine unserer Hauptaufgaben, deutlich zu machen: Es geht beides: Schule und Fußball. Bitte nicht den Fokus zu früh nur auf den Fußball legen, in der falschen Annahme, nur so seinem Traum näherzukommen – das ist nicht der Fall. Im Austausch mit unseren Spielern hat mir gegenüber noch keiner gesagt: „Ich habe die Schule durchgezogen, das hätte ich mal lieber bleiben lassen, denn dann wäre ich jetzt Profi.“

Gibt es in Sachen Schulabschluss, Weiterbildung und Einstieg ins Berufsleben einen beliebten, von einigen vielleicht präferierten, Weg?
Grundsätzlich erkenne ich keinen Trend in den Nachwuchsleistungszentren, der sich komplett von den gesellschaftlichen Entwicklungen abhebt. Wir haben die gleiche Prozentzahlen an Abiturienten wie im gesamtdeutschen Schnitt. Tendenziell ist eine Ausbildung etwas, was schwieriger zu vereinbaren ist. Mit den JOBLINGEn haben wir einen Top-Partner, der es prinzipiell möglich machen würde, aber dieser Weg wird bei uns eher selten gewählt. Das ist womöglich etwas, das sich im gesamtgesellschaftlichen Kontext etwas abhebt. Diejenigen, die durch ihren Realschulabschluss zum Besuch einer Oberstufe berechtigt sind, wählen oftmals diesen Weg und visieren das Abitur bzw. Fachabitur an – hierhin geht vielleicht mit Blick auf die vergangenen Jahre ein leichter Trend.

Mit ehemaligen Spielern hält Schumacher gerne den Kontakt, um über den weiteren Werdegang stets informiert zu sein.

Du hast die Initiative „JOBLINGE“ schon erwähnt. Wie sieht die Zusammenarbeit konkret aus?
Das übergeordnete Ziel der JOBLINGE ist die Vermittlung von Jugendlichen in Ausbildungen. Es geht auch und vor allem um Jugendliche, deren Biografien bisher nicht so makellos sind und die nun an den Arbeitsmarkt herangeführt werden sollen. Für uns, das Leistungszentrum, sind die JOBLINGE unser erster Ansprechpartner, wann immer es konkret um berufliche Orientierung geht. Sprich: Wir haben Jungs, für die wir ein Schülerpraktikum organisieren wollen. Dann können wir an die JOBLINGE herantreten und von deren Unternehmens-Netzwerk profitieren, das natürlich riesig ist. So finden die Jungs immer die richtige Praktikumstelle die sowohl nah am Wohnort des jeweiligen Spielers liegt als auch die Kombinierbarkeit mit dem Leistungsfußball garantiert. Darüber hinaus helfen die JOBLINGE auch denjenigen Spielern, die in Richtung Fachoberschule gehen. Hier ist das erste Jahr so konzipiert, dass sie ein Jahr lang mittwochs, donnerstags und freitags ein Praktikum absolvieren müssen. Auch hier garantieren die Joblinge, dass die Vereinbarkeit mit dem Fußball ermöglicht wird.

Gibt es weitere Kooperationen, die für euch unerlässlich sind?
Ja, mit der Carl-von-Weinberg-Schule, die zu den Eliteschulen des Fußballs gehört, haben wir einen weiteren wichtigen Kooperationspartner an unserer Seite. Daran angegliedert ist auch die Julius-Leber-Schule, eine Fachoberschule, an der viele unserer Jungs anschließend ihr Fachabitur absolvieren. Außerdem haben wir noch partnerschaftliche Zusammenarbeiten mit der Elly-Heuss-Schule in Wiesbaden, ebenfalls eine Eliteschule des Fußballs. Das kommt natürlich nur für Jungs in Frage, die auch aus der Ecke kommen. Der wichtigste Partner ist hier aber zweifelsohne die Carl-von-Weinberg-Schule. Hier können wir unseren Jungs beispielsweise zusätzliche Trainingseinheiten mit unseren Trainern anbieten. Dadurch, dass sie eine Eliteschule des Sports ist, herrschen dort hervorragende Bedingungen. Darüber hinaus ist es wichtig, feste Ansprechpartner zu haben und Rückmeldungen zu bekommen, wann immer es bei jemandem aus schulischer Sicht brenzlig wird. Die Zusammenarbeit lebt vom Austausch, die Kommunikationswege sind kurz. Auch beim Thema Freistellungen für Auswahlmannschaften, Spiele oder Turniere gibt es keine Probleme. Im Gegenteil: hier werden anschließend die richtigen Maßnahmen getroffen, in Form von Nachführunterricht, um den jeweiligen Spieler wieder auf den Stand der Dinge zu bringen. Unterm Strich geht es im individualisierte Förderung – und das ist hier sehr gut möglich.